Emotionale Autonomie in Paarbeziehungen

Wie Sie Ihrem Partner gegenüber gesunde Grenzen ziehen können

Die Anziehungskraft zwischen Mann und Frau lebt von der Verschiedenheit und der Autonomie der Partner. Wird die körperliche oder emotionale Autonomie mißachtet, dann müssen die...

Die Anziehungskraft zwischen Mann und Frau lebt von der Verschiedenheit und der Autonomie der Partner. Wird die körperliche oder emotionale Autonomie mißachtet, dann müssen die Grenzen neu gezogen werden. Dies geschieht im Idealfall auf reife, erwachsene Weise: Die Grenzverletzung wird benannt, ihre Wirkung beschrieben und um anderes Verhalten gebeten. Sollte sie dennoch zu oft wiederholt werden, kann ein reifes, emotional unabhängiges Individuum die entsprechende Konsequenz ziehen und sich trennen. Emotional Abhängige besitzen diese (innere) Freiheit (noch) nicht.

Grenzverletzungen zwischen Liebenden lassen sich zwei grundlegenden Kategorien zuordnen. Diese gehen auf die frühesten Verletzungen zurück, die wir Neugeborenen, Babies und Kleinkindern zufügen können: Vernachlässigung bis hin zur völligen Ignoranz einerseits und Invasion bis zur vollständigen Okkupation andererseits. Beides kann schwerpunktmäßig körperlich oder emotional stattgefunden haben. Jeder von uns hat eine "bevorzugte" Schmerzrichtung: Entweder fürchten wir verlassen zu werden (Liebesentzug) oder wir sind permanent bereit unsere Freiheit zu verteidigen.

Die Reaktionen auf Grenzverletzungen zwischen Erwachsenen lassen häufig den Schluß zu, dass ein frühes Gefühl reaktiviert wurde. Dann wird auf den Partner in einer Art und Weise reagiert, die sich nicht souverän und erwachsen anfühlt. Es fehlt an der o.g. emotionalen Autonomie, einer Qualität, die eher selten in starker Ausprägung zu finden ist. Siehe auch den Artikel "Gefühle kann man nicht verletzen". Innerhalb kürzester Zeit hat man das Gefühl, dass sich zwei Kinder zanken.

[figure class="c-figure c-figure--right" caption="Lehrer Lempel, Max & Moritz"] Lehrer Lempel [/figure]

Wie können Sie Ihre Grenzen besser verteidigen? Vielleicht ist das Wichtigste die Untersuchung, welche Art Grenzverletzung für Sie die schwerwiegendere ist: Das Verlassenwerden oder die Freiheitsberaubung? Damit haben Sie einen Hinweis darauf, welche Grundfunktion Ihrer emotionalen Autonomie den größten Schaden genommen hat. Ist eher Ihr Bedürfnis nach Sicherheit mißachtet worden oder eher Ihr Bedürfnis nach freier Wahl? Wir tendieren dazu unser Leben entsprechend einzurichten.

Wer sich um seine Möglichkeiten zur freien Wahl sorgt, wird vorsichtig sein sich verbindlich auf jemanden einzulassen. Zusagen werden eher vage formuliert, es gibt immer einen Vorbehalt oder eine Bedingung, die erst noch erfüllt werden muss. Der "verheiratete Junggeselle" ist ein Bild für diesen Zustand.

Wer befürchtet verlassen zu werden wird danach streben, den anderen möglichst kompliziert zu binden. Mit Manipulationen, Halbwahrheiten und Dramen wird versucht, dem Partner ein schlechtes Gewissen zu machen für den Fall, dass er gehen will. Eifersuchtsszenarien gehören genauso in diese Kategorie wie Selbstmorddrohungen.

Können Sie sich vorstellen, was geschieht, wenn diese beiden Kräfte in einer Beziehung aufeinander stoßen? Selbst wenn die Ausprägungen nicht so extrem sind wie eben dargestellt: Zuguterletzt tragen wir meist Narben von beiden Arten der Grenzverletzung in unserer Seele -- was es noch etwas komplizierter macht...

Im nächsten Schritt können Sie sich ansehen, welche Situationen Sie besonders schnell in Ihren Schmerzkörper befördern. (Mit Schmerzkörper bezeichne ich die Aktivierung der alten Gefühle inklusive aller dazugehörigen Reaktions- und Handlungsmuster.) Wann entwickeln Sie besonderen Widerstand gegen Bevormundung, Fremdsteuerung und Einmischung? Welche Verhaltensweisen und Aussagen Ihres Partners bringen Sie besonders schnell in den paralysierten Kinderzustand der still weint "Bitte verlass mich nicht...".

Jetzt erklären Sie sich zum Besitzer dieser Reaktionen. Sie haben die Oberhoheit über Ihr gesamtes emotionales Spektrum. Sie können in die gewohnte Opferkiste greifen oder es lassen. Es sind Ihre eigenen Verarbeitungen dessen, was Ihr Partner sagt und tut. Sie haben die Wahl: Reaktivierung und dadurch Auffrisschung des alten Dramas oder Sie erweitern diesmal Ihre Fähigkeiten:

Schreiben Sie eine neue Spur in Ihrer Selbstwahrnehmung. Wenn Sie sich erlauben, das nicht erfüllte Bedürfnis zu artikulieren und um eine angemessene Form der Erfüllung zu bitten, löst sich das Drama auf. Sie erhalten eine Antwort (Ja oder Nein) und können diese Antwort als Datengrundlage verwenden.

Durchlaufen Sie den Prozess der Formulierung Ihrer Bedürfnisse immer wieder. Sammeln Sie die Antworten, dann erhalten Sie mit der Zeit ein genaues Bild, wieviel Ihr Partner bereit und/oder fähig ist Ihnen zu geben. Wenn Sie zu oft ein Nein zur Antwort bekommen, stellt sich die Frage in welcher Weise diese Beziehung eine Bereicherung für Ihr Leben darstellt.

Ihre eigene Bereitschaft, die Bedürfnisse Ihrer Partnerin zu verstehen, ist genauso essenziell für die Paarbeziehung. Geben Sie Hilfestellung bei der Identifizierung von Grenzüberschreitungen Ihrerseits und erfragen Sie, welche Bedürfnisse Sie Ihrerseits erfüllen können.

Wir sollten einander zugestehen, ein verletztes oder zumindest empfindliches Innenleben zu besitzen. Je besser wir unsere Partner darüber informieren können, welchen Umgang wir uns mit uns wünschen, desto größer ist die Chance diesen zu bekommen.

Welche Erfahrungen haben Sie mit damit, dem anderen eine "Bedienungsanleitung" für Sie an die Hand zu geben?

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