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Effektive Paarkommunikation 2

Gibt es eine Garantie verstanden zu werden? Verstanden zu werden ist eine der großen, und häufig unerfüllten Sehnsüchte in Partnerschaften. Nicht selten sitzen wir Paaren...

Gibt es eine Garantie verstanden zu werden? Verstanden zu werden ist eine der großen, und häufig unerfüllten Sehnsüchte in Partnerschaften. Nicht selten sitzen wir Paaren gegenüber, die ein und dieselbe Situation so unterschiedlich darstellen, dass man meinen könnte, sie würden von zwei vollkommen verschiedenen Begebenheiten berichten.

Um das wahrnehmen zu können, was ein Gesprächspartner berichtet, braucht es ein Mindestmass an geistiger Ruhe. Ich kann nichts verstehen, wenn mein Kopf schon reagiert, während das Gehirn noch die Worte meines Gegenübers verarbeitet. Die automatische »Ich-habe-aber-nichts-falsch-gemacht-Maschine« ist bereits auf Abwehr geschaltet, bevor tatsächliches Verstehen einsetzt.

Wenn man nicht zu Ende zuhört, kann man nicht verstehen, was der Andere einem sagen möchte. Dies ist eine der häufigsten Ursachen für Missverständnisse. Noch während der Mitteilung des Gegenübers beginnt der eigenen Geist zu rappeln und Antworten zu produzieren, die sich nur auf Teile des Gehörten beziehen. Im »Antworten«-Modus ist aber kein vernünftiges Empfangen möglich.

Gewaltfreie KommunikationEin hilfreicher Leitfaden zu entspannter und freundschaftlicher Kommunikation ist Marshall B. Rosenbergs »Gewaltfreie Kommunikation«.

Antworten, bevor man verstanden hat, ist ein kindlicher Schutzmechanismus. Für einen erwachsenen Menschen ist es sinnvoller, sich reiferer Kommunikationsformen zu bedienen. Das Kind in uns interpretiert bereits Bruchstücke der Aussagen des Partners/der Partnerin als Angriff auf die eigene Integrität. Manchmal wird dieser Angriff auch am Tonfall oder einer Geste festgemacht. Um die befürchtete folgende Verletzung von vornherein auszuschließen, wird sofort reagiert. Häufig mit der Folge völligen Missverstehens.

Missverständnisse entstehen aber auch aus dem Gefühl heraus, selbst nicht genügend Gehör zu bekommen. Statt die eigene liebevolle Kapazität des Zuhörens zu trainieren, setzt sich wiederum das tyrannische innere Kind durch und schreit: »Hör mir doch auch mal zu.« So verschwindet der letzte Raum, in dem Verständnis und Verstehen einsetzen könnte.

Hier sind einige Vorschläge, Ihr Verstehen Ihrer Partnerin/Ihres Partners zu verbessern:

  1. Versuchen Sie im Gespräch, die reife Großzügigkeit eines liebevollen Erwachsenen an den Tag zu legen. Ein Erwachsener, der soviel Zeit und Ruhe hat, bis das aufgeregte Kind, das vor Neuigkeiten platzt, alles erzählt hat. Sie erleben, wie es sich allmählich entspannt, immer ruhiger wird und am Ende ganz zufrieden ist, weil es sein Erleben vollständig mitteilen durfte.
  2. Wenn Ihnen eigene Gedanken dazwischen kommen, legen Sie sie innerlich zur Seite. Konzentrieren Sie sich ausschließlich darauf, die Gedanken Ihres Gegenüber zu verstehen und in Ihrem eigenen Kopf zu duplizieren. Machen Sie ab und zu einen Test und wiederholen Sie eine komplizierte Aussage vorsichtshalber (»Habe ich dich richtig verstanden, dass...«)
  3. Falls darauf ein Vorwurf kommt, dass Sie nicht richtig verstanden haben, bleiben Sie offen und neutral. Nicht beleidigt wie ein Kind zum Gegenangriff übergehen, sondern wie ein in sich ruhender Erwachsener um weitere Erklärung bitten, bis Sie wirklich verstanden haben.
  4. Sehen Sie den Akt des Verstehens als Liebesakt. In beidem geht es um die Verschmelzung zweier sonst getrennter Individuen. In der körperlichen Liebe wie in der liebevollen Kommunikation werden die Grenzen der Individuen durchlässiger. Ihrem Partner/Ihrer Partnerin echtes Verstehen zu schenken, ist genauso befriedigend wie lustvolle körperliche Liebe.
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